Was tun die Bürger für die Qualität der Medien?

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Ansichten / Arbeiten

Medien sind die Sündenböcke der Nationen. Spätestens seit Trump seinen Wahlkampf mit Lügen statt Fakten und immer wiederkehrender Denunzierung der Medien gewonnen hat, stehen sowohl die Produkte als auch die Produzenten, also die Journalisten, in denkbar schlechtem Licht.

Die Leser sind wütend – und die Journalisten ratlos. Immer wieder fallen schubladisierende Ausdrücke wie «Lügenpresse». Dieser Begriff versucht an sich nichts anderes zu sagen, als dass die Medien den Empfängern mit willentlicher Absicht Unwahrheiten unterbreiten. Ob dem so sei oder eben nicht, ist nicht Gegenstand dieses Artikels und liegt auch nicht in meiner Kompetenz, zu beurteilen.

Es ist allerdings ein Schema zu erkennen. «Lügenpresse» schreien jene am lautesten, die andere Meinungen nicht akzeptieren können und wollen. Entspricht ein Artikel nicht den Ansichten dieser Personen, wird er einfach als Lüge abgetan. So einfach ist es aber nicht.

«Es ist durchaus einfach, Dinge, mit denen man selber nicht einverstanden ist, mit einschlägigen Begriffen zu denunzieren. Das kann jedes Kind – mit dem Unterschied, dass Kinder so etwas grundsätzlich nicht tun. Die wirkliche Anforderung ist es, zu differenzieren und sich mit den Themen auch auseinander zu setzen. Und das soll und muss gelernt sein.»

Diesbezüglich gibt es für die Leser – insbesondere jene, die den Begriff «Lügenpresse» auch schon in den Mund genommen haben – einen wichtigen Punkt, den sie zu verstehen haben: Ein Medium gestaltet sich immer – ausnahmslos – mit seinen Lesern. Würde es das nicht tun, wäre es nach einem halben Jahr wieder von der Bildfläche verschwunden. Das bedeutet, dass der Leser auch selbst bis zu einem gewissen Grad für den Inhalt auf jener Nachrichten-Plattform verantwortlich ist, die er regelmässig besucht.

Jeder Klick ist ein Statement

Dein Verhalten auf einer News-Site und deren Auswirkungen auf das Produkt haben Ähnlichkeiten mit dem, das man beim Kleiderkauf zu Tage legt. Ein Vergleich: Im H&M werden seit mehreren Monaten extrem viele Jacken einer gewissen Marke gekauft, was zu höherem Umsatz führt. Langfristig wird der Bekleidungsladen diese Marke vermehrt bei Kleiderbestellungen berücksichtigen und ein erhöhtes Augenmerk darauf haben, mehr Produkte dieser Marke anzubieten.

Was geschieht nun auf der News-Plattform deines Vertrauens, wenn der Chefredaktion auffällt, dass beispielsweise Promi-Artikel auf der Website besonders viele Klicks generieren? Die News-Plattform wird künftig vermehrt Nachrichten aus der Prominenz-Ecke servieren. Denn Klicks generieren Werbeeinnahmen – und von diesen sind, insbesondere wenn das Produkt nur online vorhanden ist, die Medien mehr denn je angewiesen.

«Es ist wie im Kleiderladen: Kaufe ich eine Hose, die unter fairen Bedingungen produziert wurde, setze ich ein Statement gegen unfaire und somit für bessere Arbeitsbedingungen. Genau so verhält es sich mit Artikeln auf News-Plattformen: Verzichte ich auf den Klick auf einen Promi-Artikel, setze ich ein Statement gegen irrelevante und somit für gewichtigere Themen.»

Und was tun die Leser?

Immer mehr Stimmen werden laut, die die Billag abschaffen wollen. Es wird dauernd darüber gestritten, ob das SRG die «Qualitätskriterien» auch wirklich erfüllt und was denn nun eine Sendung wie «Glanz & Gloria» überhaupt mit Qualität im Fernsehen zu tun habe. Die Unmut von Seiten der Bevölkerung ist allgegenwärtig – genau so wie eben jene Diskussionen über Qualität in den Medien.

Die Bevölkerung ist auf Berichterstattung angewiesen – und die Berichterstatter sind genau so von den Lesern abhängig. Diese gegenseitige Abhängigkeit bedeutet, dass ohne das Eine das Andere gar nicht existieren könnte. Und auch hier stünden die Leser – nicht nur was die Klicks anbelangt, sondern auch aus finanzieller Sicht – in der Pflicht: Wer kein Geld in qualitativen, unabhängigen Nachrichten-Journalismus investieren will, darf auch keinen erwarten.


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