Noch nie war es so einfach wie heute, an Informationen aus aller Welt zu gelangen. Und selten setzten die lokalen Tageszeitungen so sehr auf emotionalisierte Nachrichten aus weit entfernten Staaten: 600 Menschen in Bangladesch beim Einsturz eines Fabrikgebäudes getötet. Eine explodierende Ziellinie am Boston-Marathon. Syrien ist nur noch Schutt und Asche.
An dieser Stelle frage ich mich jeweils: Welchen positiven Mehrwert hat diese Information für mich als Leser? Die Antwort ist simpel: Keinen. Klar, ich bin nun informiert über das Weltgeschehen. Doch will ich das wirklich sein? Sollte ich mich nicht eher auf das Lokale konzentrieren? Doch, finde ich.
Emotion statt Information
Seit geraumer Zeit sabotiere ich wortwörtlich internationale «Schreckensnachrichten». Nicht, weil ich diese als irrelevant empfinde, sondern weil sie in mir nichts auslösen, ausser einem getrübten Gemüt. Und auf eben diesen «Emotionalisierungszug» der Tageszeitungen will ich schlicht nicht aufspringen. Sind wir ehrlich: Kaum steht geschrieben, dass 1000 Menschen bei einer Überschwemmung in Indien gestorben sind – darunter auch Frauen und Kinder – ist unser Mitgefühl unermesslich. Dieses müssen wir schliesslich auch in den sozialen Medien zum Ausdruck bringen.
«Lieber säumen wir uns in der Trauer für eine enorme Anzahl an Menschen, für die wir jedoch «leider» nichts mehr tun können, ausser eine Kerze auf Facebook zu posten, als einer Person zu helfen, die gerade vor der eigenen Nase von ein paar Schlägern verhauen wird.»
Kaum wäre der Nachbar, den man zwar mag, mit dem man aber nicht viel gemein hat, in Gefahr: Zivilcourage wäre mit Bestimmheit nicht im Titel der Geschichte. Lieber säumen wir uns in der Trauer für eine enorme Anzahl an Menschen, für die wir jedoch «leider» nichts mehr tun können, ausser eine Kerze auf Facebook zu posten, als einer Person zu helfen, die gerade vor der eigenen Nase von ein paar Schlägern verhauen wird.
Anstatt den Fokus auf das lokale Geschehen zu richten, um Lösungsansätze für uns selbst zu suchen, blicken wir lieber ins tausende Kilometer weit entfernte Land, diskutieren über die «schlimmen» Verhältnisse dort. Suhlen uns in Wohlstand und Zufriedenheit, wettern gleichzeitig aber über die Diktatoren mit ihrem Prunk und Gold und fühlen mit den Menschen, die nichts davon haben. Missstände gibt es auch hier. Im Asylwesen. In den Behörden. In den Medien und deren Vielfalt. Doch sind «Ablenkungen» leider stets ein gefundenes Fressen, um sich nicht mit sich selbst und dem örtlichen Geschehen auseinander setzen zu müssen.
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